
Juli 2016: Renovierung des Marianaltars abgeschlossen

In 2016 lautete unser Projekt: Die Wiederherstellung des Marienaltares im Chor des nördlichen Seitenschiffes.
1899 schrieb Dr. Franz Bock in einer Schrift zum „Neubau der Pfarrkirche St. Johannes Bastist zu Anrath“ über den Marienaltar: „Nach dem Vorbilde der reichen Skulpturaltäre in Kalkar und Xanten waren die Bildhauer Gebrüder Tenelsen in Krefeld mit Erfolg bestrebt, für die Nebenchöre der Anrather Pfarrkirche Skulpturaltäre mit reichem plastischem Bilderschmuck herzustellen, von denen der bereits fertiggestellte Marienaltar auf der bei Gelegenheit der 45. Generalversammlung stattgefundenen Zunftausstellung gerechte und verdiente Anerkennung und Beifall gefunden hat.“
In den 1960er Jahren wurden im Rahmen der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in vielen Kirchen, so auch in Anrath, die vorhandenen Altäre verändert. Die bestehenden, an den Außenwänden der Kirchen angebrachten Altäre verloren ihre Funktion als Zelebrationsaltäre für Gottesdienste, da das Konzil die Feier der Messe mit dem Gesicht des Priesters zum Volk vorgab. Die drei Anrather Altäre wurden ihrer steinernen Basis beraubt und als Altarbilder an die Wand gehängt. Teilweise wurden die Altarbilder aus ihrem räumlichen Zusammenhang herausrissen und Teile, wie z.B. Engelsfiguren und Ornamente aus Schnitzereien unwiederbringlich zerstört. Dazu kam, dass die Neugotik bis weit in die 1980er Jahre, nicht als eigenständige Kunstepoche angesehen wurde. Die Zerstörung und Entfernung neugotischer Kunstwerke wurde also weitestgehend akzeptiert und toleriert.
Bei der 2016 durchgeführten Renovierung war es nicht das Ziel, den aus dem Jahr 1898 stammenden Marienaltar komplett zu rekonstruieren. Der Altar sollte mit z.T. noch vorhandenem und neu ergänztem Material in seinen ursprünglichen Proportionen wiederhergestellt werden.
Die jetzige Mensa (Altartisch) des Marienaltars ist aus dem Bestand des ehemaligen Anrather Krankenhauses. Diese wurde für die Kapelle des 1905 erbauten Krankenhauses geschaffen und nach Schließung des Hauses mit einigen Sitzbänken an die Anrather Kirche übergeben.
Die künstlerischen Arbeiten erstreckten sich auf die Ergänzung fehlender Figuren, Figurenteile und Ergänzungen von Schnitzwerk sowie die Stabilisierung des Altares als frei stehendes, selbsttragendes Objekt.
Besonders wichtig war es, die Einzelteile wieder zu einer wirkungsvollen Einheit zu vereinen und in die Achse im 90 Grad-Winkel des Seitenschiffes zu rücken. Der freistehende Altar orientiert sich in der Höhe an historischen Vorgaben und endet jetzt oberhalb des Gesimses.
Der Altar dominiert so wieder den Blick in das Seitenschiff und bildet einen wirkungsvollen Abschluss. Eine Funktion als Zelebrationsaltar für Gottesdienste ist nicht vorgesehen, obwohl auch dieser Altar über eine Reliquie mit Siegel verfügt.
Durch Vermittlung aus dem Vorstand des Kirchbauvereins konnte die polnische Werkstatt von Cezary Kisielewicz und Wieslaw Raczewski aus Stettin (heute Szczecin) für die Restaurierung des Altars gewonnen werden. Die Arbeiten wurden in Anrath und Stettin durchgeführt und durch den Hinsbecker Handwerkssachverständigen für Möbel des 20. Jahrhunderts, Herrn Dr. Cirotzki-Christ, geleitet.
Diese deutsch-polnische Zusammenarbeit hat sich bereits bei zahlreichen sakralen und profanen Arbeiten bewährt.
Die Kosten belaufen sich auf ca. 26.000,— Euro, die der Kirchbauverein vollständig übernimmt.
Der Altar besteht aus drei Bauteilen: dem Altartisch (Mensa), der Predella und dem Altarbild (Rentabel).
Alle Teile wurden aus Eiche hergestellt und wiegen insgesamt über 500 Kilogramm.
Die Predella wurde von den Restauratoren in den Ausmaßen und der Optik nach einer historischen Vorlage konstruiert und in schlichten Schmuckformen mit Kassetten neu ausgestaltet.
In dem dreiteiligen Altarbild dominiert die große Marienfigur in der Mitte. Zwei Engel halten eine Krone über ihrem Haupt. Zwei neu geschnitzte Engel sind links und rechts platziert. Zwei weitere Engel halten im unteren Bereich eine Schriftrolle in den Händen. Oberhalb der Maria ist jetzt wieder reiches Schnitzwerk angebracht, die den oberen Altarbereich nun wieder optisch abschließen.
Links im Altarbild ist die Verkündigungsszene dargestellt, rechts kniet der hl. Dominikus vor Maria mit dem Jesuskind.
Diese Themen finden sich auch in den darüber liegenden Kirchenfenstern wieder.
Ein 3 m hoher Turm aus Schnitzereien bekrönte den Altar einmal. In den Fotos von 1965 war dieser nicht mehr vorhanden. Solche großen Schnitzarbeiten sind heute fast nicht mehr zu bezahlen, da dies sehr viel Handarbeit und künstlerisches Geschick erfordert. Vor über 100 Jahren verfügten die lokalen Handwerker noch über diese Fähigkeiten, wie in unserem Fall die Gebürder Tenelsen. Heute sind diese Spezialisten eine Seltenheit geworden.
Schauen Sie sich das Ergebnis der Arbeiten bei nächster Gelegenheit in der Kirche einmal an.
Bilddokumentation Renovierung des Marianaltars
Bilder: Kirchbauverein / Dr. Cirotzki-Christ / Kisielewicz / Raczewski
